Im Verhör: Klaus Stickelbroeck

 

Klaus StickelbroeckKlaus Stickelbroeck ist meinen fiktiven Ermittlern als erster Komplize ins Netz gegangen. Widerstand war zwecklos – zu erdrückend war die Beweislast.

Der unter seinem Spitznamen „Stickel“ in der Krimiszene bestens bekannte Mehrfachtäter wird von den fiktiven Düsseldorfer Kommissaren Jo Brunner (KHK) und Frank Nowak (KK) aus „Der Tod der alten Dame“ (als E-Book sowie in der Anthologie „Düsseldorf linksrheinisch“ erschienen bei edition oberkassel) befragt. Im Verhör soll es hoch her gegangen sein. Stickel präsentierte sich dabei aber nicht als harte Nuss, sondern zeigte sich als rheinische Frohnatur von seiner allerbesten Seite.

* * *

Jo Brunner: Herr Stickelbroeck, Sie sind nicht nur Schreibtischtäter, sondern auch ein Kollege aus Düsseldorf. Wie passt das zusammen?

Klaus Stickelbroeck: Gut recherchiert, Kollege. Das ist so. Ich bin 1963 geboren, wohne in Kerken am Niederrhein, bin verheiratet, habe drei Kinder und arbeite seit mehr als fünfundzwanzig Jahren als Polizist in Düsseldorf, zurzeit als Dienstgruppenleiter in der Polizeiwache Bilk. Im Polizeipräsidium sind wir uns sicher schon ein paar Mal über den Weg gelaufen. Ich habe schon immer hobbymäßig kleine Geschichten geschrieben und irgendwann gemerkt, dass mir Krimis am meisten Spaß machen. Im Jahr 2000 ist einer meiner Kurzkrimis „Verbrechen mit Rechen“ veröffentlicht worden. Nachdem ich mit einer weiteren Geschichte im Jahr 2004 einen Preis gewonnen hatte, habe ich mich an einen Roman getraut, der dann 2007 als Fieses Foul“ erschienen ist. Seitdem habe ich mich zum Serientäter entwickelt. Wenn ich nicht gerade morde, spiele ich sehr gerne Fußball oder höre Musik. Ich bin großer Paul Weller Fan und mag britischen Gitarren-Rock (z.B. The Rifles). Ich habe Verwandte in Australien, war schon ein paar Mal dort und kann mir vorstellen, irgendwann die Wintermonate mal dort zu verbringen. Dort lässt sich sicher auch gut morden.

Jo Brunner: Herr Stickelbroeck, erzählen Sie uns etwas über einen gewissen „Hartmann“!

Klaus Stickelbroeck: Hartmann kennen gelernt zu haben, war ein Glücksfall! Ich habe zunächst Krimis rund um ein klassisches Polizeiermittlerteam geschrieben. Ich hatte aber immer Ideen oder kam auf Drehungen, die man echten Kriminalbeamten nicht zugetraut hätte, da wären die Figuren unglaubwürdig geworden. Wenn zum Beispiel mit Tricks und Straftaten gearbeitet wird oder wenn der Ermittler sich zu Tarnzwecken – wie in „Fieses Foul“ – spontan eine Glatze schneiden lässt. Das fand ich schade, aber Polizisten hätte man das nicht abgenommen. Für einen Kurzkrimi, den ich gleichwohl unbedingt schreiben wollte, habe ich mir dann einen Privatdetektiv einfallen lassen, dem man diesen rasanten Tanz auf der Messerschneide der Glaubwürdigkeit gerade noch durchgehen lassen würde. Das war dann Christian Hartmann, der Ex-Fußballprofi. In der Folge hat der sympathische Kerl in meinen Geschichten so gut funktioniert, dass sich eine wunderbare Freundschaft ergeben hat und er der Held meiner Kriminalromane wurde. Die etwas chaotische, schlagfertige Figur liegt mir und in leicht schrägen Situationen des Lebens macht es mir einen Heidenspaß, mir vorzustellen, wie Hartmann mit der Situation umgehen würde. Seine Abenteuer gehen mir locker von der Hand, ich teile seinen Humor und seinen Musikgeschmack. Wir passen gut zusammen. Angesiedelt habe ich die Figur und seine Partner wie die größte Prostituierte Regenrinnen-Rita, den einarmigen Wirt Krake und seinen Junkie-Kumpel Angie in Düsseldorf, weil ich mich einerseits dort gut auskenne und die Stadt andererseits alle Facetten und Milieus zu bieten hat, die mein Privatdetektiv für seine Ermittlungen braucht. Im vergangenen Jahr ist der vierte Band der Reihe „Auf die harte Tour“ erschienen und der nächste Fall ist schon in Arbeit. Hartmann muss für seinen Kumpel Angie einen Auftrag übernehmen. Das kann natürlich nicht gut gehen. Tut es auch nicht!

Jo Brunner: Was war Ihr bislang größter Coup als Schreibtischtäter? Oder kommt der noch?

Klaus Stickelbroeck: Ich hatte 2011 Post im Mailfach, Überschrift: Schampus. Mein Verleger, Ralf Kramp, teilte mir mit, dass mein dritter Kriminalroman „Fischfutter“ auf der Longlist zum berühmten Friedrich-Glauser-Preis als bester Kriminalroman des vergangenen Jahres stand. Ich war hin und weg. Sagenhaft! Der Preis wird durch das Syndikat, der Vereinigung deutscher Krimiautorinnen und Autoren vergeben und ist neben dem Deutschen Krimipreis vielleicht der wichtigste Preis überhaupt. Dann wurde ein paar Wochen später zur Shortlist gekürzt und ich war immer noch dabei. Beim Krimifestival in Viersen und Mönchengladbach hat Kurt Palm dann den Preis bekommen. (Bis zum „Und der Gewinner ist K …“ hab ich noch gedacht, ich bin es.) Aber alleine nominiert zu sein, fand ich einfach klasse und war total aufregend. Nun ja. Dann war ich also nominiert und habe nicht gewonnen, womit das neue Ziel natürlich schon formuliert ist … Jedes mal eine neue Herausforderung ist für mich auch das Schreiben von Kurzkrimis für Anthologien. Es macht einen Heidenspaß vor Ort zu recherchieren, sich einem Plot zu nähern und langsam zu merken, wie eine Idee ran gedeiht und sich umsetzen lässt. So habe ich gerade einen Garten-Krimi (Niederrhein), einen England-Krimi (Cornwall) und einen Urlaubs-Krimi (Borkum) geschrieben. Zurzeit arbeite ich an einem Projekt mit der Krimiautorin Stefanie Koch, bei dem es in jeweils vier einseitigen Kurzkrimis nachzuweisen gilt, wer besser mordet: Männer oder Frauen. Den mörderisch-witzigen Schlagabtausch gibt’s dann bei gemeinsamen Lesungen zu hören. (z.B. 7.3. in Schwelm, 9.3. im Düsseldorfer Radisson Blu-Hotel). Unser derzeitiges Motto: Mord im Büro. Und dann steht eine Kurzgeschichte für eine Anthologie mit dem Titel „Mörderischer Rhein“ an, auf die ich mich besonders freue. Ich fürchte, es wird jemand ertrinken und ich ahne schon, warum …    

Frank Nowak: Herr Kollege – ich darf Sie so nennen? Ihnen wird zur Last gelegt, dass Sie noch Komplizen haben. Also raus mit der Sprache: wer sind die und was haben Sie als nächstes vor?

Klaus Stickelbroeck: Ohne meinen Anwalt sag ich ja erstmal eigentlich gar nichts, aber da wir … im weitesten Sinne … unschuldig sind, sag ich mal ganz unverbindlich, dass gegebenenfalls die Krimi-Cops gemeint sein könnten. Wir sind fünf waschechte Polizisten, die sich zum Schreiben von Kriminalromanen zusammen getan haben. „Stückwerk“ hieß unser Erstling und mit „Bluthunde“ erscheint im Sommer unser vierter Fall um unser Ermittler-Duo Struller&Jensen. Genau wie meine Krimis erscheinen die Krimi-Cops Bücher im KBV-Verlag. In den rasant-witzigen Krimis lassen wir viele Anekdoten einfließen, die wir so oder ähnlich im Polizeialltag wirklich erlebt haben. Die Premierenlesung ist übrigens am 11.07. im Sternverlag. Es gibt noch Karten und zumindest an dem Abend haben wir schon mal ein Alibi. Bei Lesungen lesen wir alle zusammen und weil die Geschichten flott, witzig und spannend sind, geht es immer hoch, turbulent und wild daher. Nachdem das Script auch fast fertig ist, freu ich mich doppelt. Ich habe jetzt schon meine Lieblingsstellen, die ganz sicher vorgelesen werden. Herrlich!  

Frank Nowak: Letzte Frage, Herr Stickelbroeck: Sie dürfen 3 Krimis mit in die „einsame Zelle“ nehmen. Welche wären das?

Klaus Stickelbroeck: Nur drei? Folter ist verboten, Kollege! „Happy Birthday, Türke“ vom gerade im Januar viel zu früh verstorbenen Jakob Arjouni wäre Krimi Nr. 1, weil dieser wahnsinnig gute Krimi für mich die Brücke geschlagen hat zwischen den alten Krimiklassikern und den Krimis, die hier und jetzt spielen. Ein sagenhaft cooler Kemal Kayankaya – Krimi. Zweitens „Der Willi ist weg“ von Jörg Juretzka. Das ist der erste der schrägen Kristof Kryszinski – Krimis. Absolut witzig und spannend, super Dialoge! Nr. 3 wäre „Knochenjäger“ von Jeffery Deaver, der erste Thriller mit dem querschnittsgelähmten Ermittler Lincoln Rhyme. Bei diesem Krimi begeistert mich, wie es dem Autor gelingt, den Leser immer wieder aufs Kreuz zu legen, die Wendungen und Entwicklungen sind Atem raubend. Alle drei Bücher sind übrigens die Auftaktromane einer Reihe mit dem jeweiligen Protagonisten, wobei auch die Folgeromane extrem lesenswert sind. Aber glaub mir, Kollege, ich würde Mittel und Wege finden, deutlich mehr Krimis in die „einsame Zelle“ zu schmuggeln! Ohne Krimi geht gar nicht.

Jo Brunner: Okay, Herr Stickelbroeck, ich denke, wir haben genug gehört. Das wird für eine Beurteilung als Schwergewicht der Krimiszene reichen. Ihnen blüht ganz sicher „lebenslänglich“. Todsicher.

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Kriminalinski: Der Meinung meines Protagonisten Jo Brunner schließe ich mich gerne an. Todsicher werden wir „lebenslänglich“ schräge und spannende Kriminalromane aus der Feder von Klaus Stickelbroeck lesen und ihn bei seinen Lesungen auch live erleben dürfen.

Herzlichen Dank für dieses Verhör, Stickel! Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg mit den phantstischen, oft kopierten aber nie erreichten „Hartmann“-Krimis und für dich und die Krimi-Cops einen guten Start mit „Bluthunde“!

Auch die nächste Schreibtischtäterin hat ihre Vorladung zum Verhör bereits erhalten: Regina Schleheck. Fragt sich nur, welcher meiner Ermittler sie in die Mangel nehmen wird … 🙂

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