Offenbar hat der in die Öffentlichkeit geratene Fall des bekannten Münchner Fußball- und Würstchenmanagers das Thema „Selbstanzeige“ salonfähig gemacht. Denn auch mich erreichen die ersten Selbstanzeigen von Schreibtischtätern, die mit einem vollumfänglichen Geständnis auf die Milde der (un)heiligen Inkrimisition hoffen. Inkrimiwas …?
In einer neuen Rubrik meines Blogs verfolge ich als Großinkrimitor Kriminalinski Fälle von schreibtischtätiger Häresie. Mein Paladin Claudius Cardinale-Rafffinger führt mir die Beschuldigten vor. In einer peinlichen Befragung bekommt der Angeklagte die Möglichkeit, sich zu seinen Taten zu äußern. Lesen wir doch gleich mal in unseren allerersten Fall rein …
Dichter Nebel umhüllte die kaiserliche Pfalz zu Kaiserswerth bei Düsseldorf, die ich als Großinkrimitor für den Ketzerprozess ausgewählt hatte. Mein Paladin, der immer etwas kränklich wirkende und vom Herrn mit einer markanten Fistelstimme gesegnte Claudius Cardinale-Rafffinger, führte den Angeklagten vor.
„Eure Krimichkeit“, damit meinte mein Paladin mich, „ich führe Euch nun den Angeklagten vor!“
Sagte ich das nicht bereits? Wenn mein Paladin doch nur einmal so helle wäre wie seine Stimme. Nun ja, er hatte sein Alter erreicht und war vor kurzem vom Stuhl Chandlers gestiegen, solange er es noch selber in den Füßen hatte. Und Cardinale-Rafffinger tat gut daran, denn ich hatte die Armbrust bereits gespannt. So ließ ich Seine Schluffrichkeit noch weiter in meinen Diensten und übertrug ihm die Aufgaben des Angeklagtenvorführers. Da ich noch zu einer Krimilesung musste, drang ich auf rasche Prozessdurchführung.
„Wessen beschuldigt man ihn?“
„Er hat ein Buch geschrieben, aber schleeeeecht …“ Cardinale-Rafffinger schlurfte von dannen, was er an dieser Stelle immer tat.
„Angeklagter! Wie ist dein Name?“
„Jan Hellstern„, sagte Jan Hellstern.
„Und wie heißt dein Buch, Jan Hellstern?“
Ich wusste, spätestens bei dieser Frage setzte bei den meißten Vorgeführten das Heulen und Zähneklappern ein. Bei Jan Hellstern war ich mir aber nicht sicher, denn mein Paladin hantierte so laut mit den Folterinstrumenten, dass das auch das Klappern hatte sein können.
„Kinder des Bösen„, antwortete der Beschuldigte.
Ich lies den Paladin einige Zeugenaussagen vorlesen, nachdem dieser den Angeklagten auf den Stuhl der Wahrheit geschnallt hatte. Die glühende Zange zum Ziehen der Fingernägel lag schon bereit, als Claudius mit zittriger Stimme zu lesen begann:
„‚Mit Kinder des Bösen ist dem deutschen Autor Jan Hellstern ein spannender, dicht erzählter Debütroman gelungen, der sich in keine eindeutige Schublade stecken lässt. Er reiht sich in die Tradition der fantastischen Prager Romane eines Gustav Meyrink oder Leo Perutz ein. Die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen. Dem Offensichtlichen liegt Düsteres und Magisches zugrunde.‘“
Ich dachte, ich höre nicht richtig.
„Wer schreibt das?“, frug ich meinen Paladin.
„Die Presse, Eure Grimmigkeit!“, antwortete dieser und ergänzte, während er in den Unterlagen wühlte: „In Augusto im Jahre des Herrn 2012, wenn ich nicht irre.“
Ich sah den Beschuldigten böse an. Sehr böse.
„Lasst noch einen weiteren Zeugen sprechen, Raffi!“ Und ich guckte noch viel böser.
„‚Irgendwo zwischen Mystik und Krimi liegt dieser Roman. Eine große Geschichte auf nur gut 300 Seiten – andere Autoren würden 200 mehr benötigen, um das Auszudrücken, was Jan Hellstern auf den Punkt bringt. Keine Information zu wenig, kein Wort zu viel. In Lehrgängen für Kreatives Schreiben versucht man zu vermitteln, dass die Bilder nicht beschrieben sondern gezeigt werden sollen. Das ist hier mehr als gelungen. Während des Lesens hatte ich nicht das Gefühl, in meinem Sessel zu sitzen, sondern vom Protagonisten an die Hand genommen durch das Buch zu spazieren. Großes Kompliment für so ein Debüt und bitte bald mehr von diesem Autor!‘“
„Sagt wer?“ Ich wurde langsam ungehalten.
„Divchen„, so mein Paladin. Ich rief ihn näher zu mir ran.
„Wenn wir nicht langsam etwas richtig Belastendes finden, kannst du deine Zängelchen und Nägelchen wieder einpacken, du Tunichtgut.“
„Wir könnten sagen, er könne nicht gut lesen …“
„Sehr gut, Raffi. Haben wir dafür einen Beweis?“
Mein Paladin grinste diabolisch, klappte das inkrimitorische Laptop auf und drückte wild auf irgendwelchen Tasten herum. Endlich kam das belastende Beweisstück.
Mir verschlug es schier die Sprache. Der Kerl konnte lesen. Flüssig, ohne zu stottern. Und mit Betonung. Besser konnten es die Sprecher der Tagesschau auch nicht. Es half nichts: alle Finger mussten dran bleiben und Claudius Cardinale-Rafffinger musste seine Folterinstrument ungebraucht wegpacken. Nachdem er Jan Hellstern vom Stuhl der Wahrheit wieder losgeschnallt hatte, rief ich diesen heran.
„Du hast großes Glück gehabt, Schreiberling!“ Und ich guckte ihn sehr böse dabei an. „Heute konnten wir dich der Schlechtschreiberei nicht überführen. Aber sei gewiss: wir und die Leser haben dich im Okular. Hast du zum guten Abschluss noch etwas zu sagen?“
Jan Hellsterns Antwort ließ mir den Speichel im Munde zu einem reißenden Flusse werden:
„In Zusammenarbeit mit dem Kein&Aber Verlag verlose ich rechtzeitig zur Eröffnung der Grillsaison drei private Lesungen zu meinem Roman KINDER DES BÖSEN. Sollte das für Dich oder Deine Leser interessant sein, würde ich mich über eine Veröffentlichung der Aktion auf Deinem Blog sehr freuen! Genauere Angaben zu dem Event findest Du auf dem angehängten jpg. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.“
Soweit die Schilderung der allerersten (un-) heiligen Inkrimisition. Ich bedanke mich sehr bei Jan Hellstern für seine Kontaktaufnahme und muss sagen: Deine „Grill-Thrill-Lesung“, lieber Jan, finde ich richtig gut! Davon berichte ich doch sehr gerne !
An die Leser meines Blogs und die Interessierten gerichtet: Auf das Bild klicken, um zu erfahren, wie ihr in den Genuss der „Grill-Thrill-Lesung“ kommt. Viel Glück!